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Die Alternative: Stuttgart 21 mit Kopfbahnhof (1998)

Hinweis: Dieses Konzept wurde schon 1998 erstellt. In der Nachfolgezeit wurde es mehrfach überarbeitet und Erweitert. Das Konzept liegt auch als PDF vor: S21 Die Alternative Stuttgart 21 Kopfbahnhof Architektenforum 5-1998
S21 mit Kopfbahnhof

Behindern die Gleise die Stadtentwicklung

Städtebauliche Chancen – mit dem Kopfbahnhof als Dreh- und Angelpunkt

Statt 17 km Tunnelfrust bleibt bei Stuttgart 21 mit Kopfbahnhof die herrliche Sicht auf die Stadt und den grünen Kesselrand erhalten. Bleiben die Gleise oberirdisch bestehen, werden trotzdem etwa gleich viele Flächen wie beim DB-Projekt frei für die Stadtentwicklung. Da die Baukosten erheblich geringer sind, steht die Bahn nicht mehr so unter Druck, die Flächen zu hohen Preisen zu vermarkten wie beim geplanten Durchgangsbahnhof. Dies kommt der Stadtentwicklung zugute: Besiedlungsdichte und Bauhöhen können den städtebaulichen und ökologischen Erfordernissen angepaßt werden.

Wieviele Flächen werden tatsächlich frei? 105 Hektar sollen durch die Untertunnelung der Bahnanlagen für die Stadterweiterung gewonnen werden. Hiervon können auch beim DB-Projekt nur 50 Hektar für die Bebauung genutzt werden. Die Flächen sind aufgeteilt in drei Quartiere: Die A-Fläche besteht im wesentlichen aus dem ehemaligen Güterbahnhof an der Heilbronner Straße, die B-Fläche umfaßt das Areal des heutigen Abstellbahnhofs und die C-Flächen die Quartiere im Bereich des Nordbahnhofs.

Obwohl bei “Stuttgart 21 mit Kopfbahnhof” die (reduzierten) Gleisanlagen überwiegend oberirdisch verlaufen, können immerhin 45 Hektar an Bauflächen für die Stadterweiterung und 2 Hektar für die Bahnhofspassage gewonnen werden. Für die verbleibenden oberirdischen Gleisanlagen werden nur noch 13 Hektar benötigt. Diese Gleisflächen behindern die Stadtentwicklung nicht, weil sie zu den Ausgleichsflächen zählen, die aus ökologischen und klimatischen Gründen freigehalten werden müssen und nicht bebaut werden dürfen. Der Kopfbahnhof mit seinem reduzierten Gleisfeld steht einer Erweiterung der Innenstadt nicht im Wege. Im Gegenteil: Er bildet eine Achse, an der die neuen Stadtteile entwickelt werden können.

Der Kopfbahnhof fördert die Stadtentwicklung

Die Innenstadt darf auf keinen Fall geschwächt werden. Deswegen soll die neue City keine zweite Stadtmitte bilden. Sie muß als Ergänzung zur heute bestehenden, historisch gewachsenen Stadt geplant werden. Der Kopfbahnhof soll dabei die Funktion einer Brücke zwischen alter und neuer City übernehmen.

Durch seine Lage längs der Talrichtung paßt er sich dem natürlichen Gelände und der historischen Baustruktur harmonisch an. Die Querlage des Tunnelbahnhof zerstört dagegen die gewachsene Stadtstruktur und den Park. Der Kopfbahnhof verbindet alte und neue Stadtteile und schafft keine trennenden Freiräume, die beim Bullaugenbahnhof durch die weite Betonhaube unvermeidlich sind.

Eine neue Fußgängerzone könnte von der Lautenschlagerstraße über die verkehrsberuhigte Schillerstraße auf direktem Weg durch die kleine Schalterhalle und die sich daran anschließende neue Bahnhofspassage hinein in die neue City führen. Diese neue Flaniermeile würde im Zentrum von Stuttgart Altes und Neues verbinden, böte abwechslungsreiche Erlebniszonen mit Einkaufs- und Kulturbereichen und kombiniert betriebsame Bahnhofsatmosphäre mit der Ruhe des Parks.

Das DB-Projekt erzwingt eine problematische Verdichtung

Verhindert werden muß, daß die Investoren den Stuttgartern Gemeinderäten ihr städtebauliches Konzept aus der Hand nehmen. Schon heute ist der vom Gemeinderat genehmigte Rahmenplan von Trojan, Trojan und Neu, der eine feingliedrige Bebauung mit begrünten Plätzen und Straßen vorsah, nicht mehr einzuhalten. Auf Druck von Bahn und Investoren wird eine wesentlich höhere und dichtere Bebauung gefordert. Die Demonstration der 60-Meter-Bauhöhe mittels Ballons Anfang des Jahres läßt Böses ahnen. Statt einer geräumigen, großzügigen und reichlich begrünten neuen City kommt am Ende eher ein graues Büroviertel heraus in der tristen Ästhetik einer ‘SüdwestLB’.

Schuld daran hat allein die Bahn, die die Grundstücke wegen der aufwendigen Tunnelbauten möglichst teuer verkaufen will, und dadurch eine Kettenreaktion auslöst: Hohe Grundstückspreise erfordern eine größere Baudichte das heißt mehr Hochhäuser, die wiederum beeinträchtigen das Klima im Kessel negativ. Nur bei dem Verzicht auf die Tunnellösung bzw. dem Erhalt des Kopfbahnhofs ist eine ökologisch und städtebaulich anspruchsvolle Lösung möglich. Chance für Stuttgarts City

Optimale Integration des Kopfbahnhofes in die Innenstadt

Mit der Bebauung der A1-Fläche wird die Innenstadt erheblich ausgeweitet. Um die Einbindung des neuen Stadtteils nicht massiv zu erschweren, muß auch der Ring um die City größer werden. Der Ringschluß zwischen Heilbronner Straße einerseits und der Willy-Brandt-Straße andererseits wird künftig über die Wolframstraße erfolgen. Die Schillerstraße muß verkehrsberuhigt werden und sollte nur noch für Busse und Taxis offen sein. Ein Großteil des heutigen Busbahnhofs könnte dann an den Schloßgarten zurückgegeben werden. Die Zufahrt für Pkw zu den Bahnsteigen sollte direkt von der Wolframstraße aus erfolgen.

Kein Eingriff in den Schloßgarten

Ein wesentlicher Vorzug von “Stuttgart 21 mit Kopfbahnhof” ist, daß die Mittleren Anlagen nicht angetastet werden. Keiner der 113 Bäume, die dem Bullaugenbahnhof im Weg stehen, müßte gefällt werden. Der unterirdische Bahnhof benötigt einen etwa 100 Meter breiten Trog von der ‘SüdwestLB’ bis zur U-Bahnhaltestelle Staatsgalerie. Trotzdem verschwindet der Tunnelbahnhof nicht völlig im Boden.

Sichtbar bleibt eine Schneise im Park, die nicht bepflanzt werden kann, weil sich darunter die riesige Betonhaube des unterirdischen Bahnhofs befindet. Wie ein Wall liegt die Betonkuppel mit den großen Bullaugen im Schloßpark, und schafft nicht nur optisch eine trennende Barriere im Tal. Das Grundwasser wird wie bei einer Talsperre gestaut mit der Folge, daß die untere Parkseite chronisch unter Wassermangel leiden wird.

Was passiert mit den restlichen Flächen?

Auch bei “Stuttgart 21 mit Kopfbahnhof” werden die B- und C-Flächen frei. Die Verlegung des Abstellbahnhofs nach Untertürkheim ist auch beim Kopfbahnhof möglich und für die Stadtentwicklung sinnvoll. Konkrete Konzepte für die Nutzung des Geländes liegen noch nicht vor.

Sicher ist, daß dem Rosensteinpark wieder Flächen zurückgegeben werden müssen. Dies ist wichtig, um genügend klimatische Ausgleichsflächen zu haben, die durch die Verkleinerung der Gleisanlagen reduziert werden.

Mit der Verlegung des Abstellbahnhofs wird der Bau zweier zusätzlicher Gleise für die S-Bahn von Cannstatt zum Hauptbahnhof notwendig. Diese werden im Tunnel geführt und bei der S-Bahn-Station Wolframstraße mit den übrigen Gleisen vereint. Der neue S-Bahn-Halt wird zwischen der Mittnachtstraße und der Wolframstraße liegen, im kurzen Abstand zu den Bürovierteln auf der A1-Fläche.

Die Tieferlegung der Gäubahn auf einem Abschnitt von ca. 400 Metern ist dann gerechtfertigt, wenn die Nordstadt für die Wohnbebauung erweitert werden soll. So könnte ein neues, durchgehendes Stadtquartier bis zum Nordbahnhof entstehen, mit kurzen Wegen zum Gelände der ehemaligen Gartenbauausstellung und zum Rosensteinpark.