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Alternativkonzept der Umweltverbände

Hinweis: Dieses Konzept wurde 2003 erstellt. Wir arbeiten zur Zeit mit Hochdruck an einer Überarbeitung und Neufassung dieses Alternativkonzeptes für Stuttgart 21.

Kopfbahnhof 21

Erstellt von Klaus Arnoldi im November 2003

Der Verkehrsclub Deutschland, die im Bündnis UMKEHR Stuttgart zusammen­geschlos­senen Umwelt- und Verkehrsverbände sowie die Bürgerinitiative "Leben in Stutt­gart: Kein Stuttgart 21" sind der Auffassung, dass die geplante Umwandlung des Stuttgarter Kopfbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof und die Überbauung der freiwerdenden Bahnflächen beim Projekt Stuttgart 21 in ihrer Auswirkung sowohl auf die Qualität des Schienenverkehrs als auch auf das Stadt­bild, die Lebensqualität in der Stadt und in der Beeinträchtigung der Umwelt und hier insbesondere der klimatologischen Verhältnisse im Stuttgarter Talkessel so negativ sind, dass sie dem Projekt eine eigene Alternativkonzeption unter Beibehaltung des Kopfbahnhofs entgegen setzen. Dieses Konzept wurde aus früheren Vorstellungen weiterentwickelt und erhält den Namen "Kopfbahnhof 21". Das Alternativkonzept erhebt den Anspruch, dass trotz geringeren Eingriffen in die Umwelt das Verkehrsaufkommen des Jahres 2015 ebenso gut bewältigt werden kann wie mit Stuttgart 21 und dass bei deutlich geringeren Investitionskosten ein kundenfreundlicher und zukunftsfähiger Bahnhof geschaffen wird.

1. Betriebliche Probleme im Knoten Stuttgart heute

Der Bahnknoten Stuttgart umfasst im engeren Sinne den Abschnitt zwischen Prag­tunnel, Hauptbahnhof und Bahnhof Bad Cannstatt. In diesem Abschnitt liegt die zwei­gleisige Fernbahn von Mannheim nach München, die zweigleisige S-Bahn von Feuerbach zum Hauptbahnhof tief und von dort nach Bad Cannstatt, die zwei­gleisige Gäubahn von Böblingen, der S-Bahn-Tunnel zur Stadtmitte und der Abstell­bahnhof am Rosensteinpark.

Die Ferngleise von Zuffenhausen nehmen den Verkehr der Neubaustrecke von und nach Mannheim und den schnellen Regionalverkehr von und nach Karlsruhe, Heidel­berg, Heilbronn/Würzburg auf. Das andere Gleispaar dient überwiegend dem S-Bahnverkehr (S4, S5, S6) und zusätzlich einzelnen Regionalbahnen. In der Gegen­richtung nach Bad Cannstatt sind zwei Gleise dem Fernverkehr und dem schnellen Regionalverkehr sowie zwei Gleise dem S-Bahn-Verkehr (S1, S2, S3) und dem Regionalverkehr vorbehalten. Im Bahnhof Bad Cannstatt werden sowohl die Ferngleise als auch die S-Bahn-/Regionalgleise kreuzungs­frei in Richtung Plochingen und Waiblingen/Nürnberg verzweigt. Der Regionalverkehr von Tübingen nutzt überwiegend das S-Bahn-Gleis. Dadurch kommt es immer wieder zu Engpässen.

Als betriebliche Hindernisse im heutigen Stuttgarter Kopfbahnhof werden die vielen höhengleichen Ein- und Ausfahrten und die hohe Verkehrsdichte insbesondere in dem Abschnitt Bad Cannstatt - Hauptbahnhof genannt. Ein großer Mangel ist, dass insbesondere die S-Bahn in dem am höchsten belasteten Abschnitt zwischen Bad Cannstatt und Hbf sowie zwischen Feuerbach und Hbf über keinen eigenen Gleis­körper verfügt, und die vorhandenen Gleise mit dem Regionalverkehr teilen muss. Der Kopfbahnhof selbst stellt in Folge der Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnik kein größeres Problem mehr dar. Mussten früher alle durch­gehenden Züge einen zeitaufreibenden Lokwechsel vornehmen, kann dieser bei den modernen ICE-Zügen und modernen Nahverkehrszügen entfallen. Die Wendezeit im Kopfbahnhof beträgt heute 4 Minuten. Allerdings stellen die aus dem vorherigen Jahrhundert stam­men­den Gleisanlagen mit ihren derzeitigen Fahrstraßen ein betriebliches Hindernis dar, das die Leistungsfähigkeit des Kopfbahnhofs stark beeinträchtigt.

2. Zukünftiges Betriebskonzept

Bei der Entwicklung des Konzepts zur Ertüchtigung des Stuttgarter Kopfbahnhofs wurde angenommen, dass die überwiegende Zahl aller Züge als Triebwagenzüge und Triebzüge, bzw. aus Zügen mit Steuerwagen, die ohne Lokwechsel den Kopf­bahnhof passieren können, bestehen. Diese Annahme wird durch das Zug­material der DB AG bestätigt. Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass in besonderen Fällen ein Lokwechsel notwendig wird. Hierfür müssen ausreichend Vorkehrungen getroffen werden.

Der Stuttgarter Kopfbahnhof soll eine solche Leistungsfähigkeit besitzen, dass eine Zugfolge von 4 Minuten Abstand bzw. 15 Zügen pro Stunde und Richtung in der Hauptverkehrszeit auf der Fernbahn problemlos bewältigt werden kann. Damit wird die Leistungsfähigkeit des Kopfbahnhofs an die Streckenkapazität angepasst. Im Regionalverkehr wird davon ausge­gangen, dass viele Regionalbahnlinien (Stadt­express­linien), die heute in Stuttgart beginnen und enden, in Durchmesserlinien (z.B. Heilbronn - Tübingen) umgewandelt werden. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass weiterhin Züge in Stuttgart eingesetzt werden bzw. enden oder mit einer Bahnsteigwende in die gleiche Richtung zurückfahren (Beispiel Neitech-Linie Stuttgart - Sigmaringen). Dies hat auch Auswirkungen auf die Diskussion um die Verlegung des Abstellbahnhofs. Bei einem Betriebskonzept mit durchlaufenden Linien ist eine Verlegung des Abstellbahnhofs nach Untertürkheim möglich, bei einem Betriebskonzept, bei dem der Stuttgarter Hbf weiterhin Ausgangs- und Endbahnhof für viele Regionallinien bleibt, ist die Nähe des bestehenden Abstellbahnhofs von Vorteil. Die Verlegung des Abstellbahnhofs nach Untertürkheim ist eine Option und wird hier nicht weiterverfolgt.

3. Grundprinzip des "Kopfbahnhof 21"

Die Steigerung der Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart wird durch die weitgehende Entmischung von Fernverkehr, Regionalverkehr und S-Bahn-Verkehr erreicht. Hierzu werden die 16 Bahnsteiggleise des Kopfbahnhofs in vier Gleis­grup­pen mit je vier Gleisen neu geordnet (Beispiel: Gleisgruppe A mit den Gleisen 1-4, etc.). Jede Gleisgruppe wird jeweils einem Streckengleis zugeordnet. Um ein kreuzungs­freies Ein-und Ausfahren zu gewährleisten, müssen die Fahrstraßen und Weichenverbindungen zwischen Wolframstr. und Nordbahnhof bzw. Bad Cannstatt neu geordnet werden (vgl. Anlage 1).

Das Fernverkehrsgleis von Zuffenhausen führt in die Gleisgruppe D (Gleis 13-16) und von dort weiter in Richtung Bad Cannstatt. In der Gegenrichtung wird das Ferngleis von Bad Cannstatt an die Gleis­gruppe C (Gleise 9-12) angebunden und von hier über ein Überwerfungsbauwerk kreuzungsfrei in Richtung Zuffenhausen durch gebunden. Der Regionalverkehr von Zuffenhausen wird in die Gleisgruppe B geführt und von dort nach Bad Cannstatt weiter geleitet. In der Gegenrichtung wird der Regionalverkehr von Bad Cannstatt in die Gleisgruppe A geleitet und von dort kreuzungsfrei nach Zuffenhausen fortgeführt Die Einführung der Gäubahn liegt zwischen Gleisgruppe B und C.

Die Ein- und Ausfahrt in eine Gleisgruppe erfolgt ebenfalls kreuzungsfrei. Dies bewirkt, dass Züge wie bei einem Durchgangsbahnhof gleichzeitig ein- und ausfahren können. Für die Bereitstellung bzw. Abstellung von Zügen wird jede Gleisgruppe über ein Rangiergleis direkt mit dem Abstellbahnhof verbunden.

Die Trennung und gesonderte Zuführung von Fern-, Regional- und S-Bahn-Zügen erfolgt in den Bahnhöfen Nordbahnhof und Bad Cannstatt. Daher ist ein Umbau dieser Bahnhöfe jeweils in Richtung Hauptbahnhof unerlässlich. Zur Entlastung des am stärksten belasteten Abschnitts Hauptbahnhof - Bad Cannstatt werden zwei weitere Gleise benötigt, so dass hier eine vollständige Entmischung der drei Verkehrsarten erreicht werden kann. Kompromisse müssen hinsichtlich des Engpasses zwischen Zuffenhausen und Nordbahnhof gefunden werden. Die Erweiterung um ein 5. Gleis ist auch bei Stuttgart 21 nicht vorgesehen. Die S-Bahn erhält zwischen Bad Cannstatt und Hbf eine eigene Trasse, von Nordbahnhof bis zum Hauptbahnhof eine Vorrangtrasse. Im Störungsfall kann die S-Bahn im Hauptbahnhof (oben) in der Gleisgruppe A wenden.

4. Abgrenzung der Maßnahme

Die Umbaumaßnahmen werden auf das Dreieck zwischen Pragtunnel - Haupt­bahn­hof und Bahnhof Bad Cannstatt begrenzt. Zwischen Zuffenhausen und Nordbahnhof stehen dem Verkehr vier Gleise, die im Linienbetrieb befahren werden, zur Ver­fügung. An der Schnittstelle Pragtunnel wird die bestehende Anordnung der Gleise und das heute gefahrene Betriebskonzept übernommen, d.h. der Fernverkehr der Neubaustrecke wird überwiegend im Mischbetrieb mit dem Regionalverkehr aus Bietigheim auf dem nördlichen Gleispaar abgewickelt, während das südliche Gleispaar im Mischbetrieb den S-Bahn-Verkehr und den übrigen Regionalverkehr aufnimmt. Ab der Ostseite des Pragtunnels werden die vier Gleise von S-Bahn und Fernbahn niveaugleich auf 5 Gleise erweitert. Als Planungsprämisse wird angenommen, dass der überwiegende Teil des Regionalverkehrs über die Fernbahngleise geführt wird. Demgemäß muss die Gleisgruppe A und B auch an die Fernbahngleise angebunden werden. Die Erweiterung des Abschnitts Nordbahnhof - Zuffenhausen - Abzweig NBS um ein 5. Gleis bleibt möglich.

Auf der Ostseite des Bahnhofs Bad Cannstatt bleiben die Gleise und Fahrstraßen in ihrer heutigen Lage bestehen. Die Notwendigkeit für einen Umbau besteht nicht. Die Anbindung an die geplante Neubaustrecke nach Ulm erfolgt im Raum Mettingen, d.h. der gesamte Fernverkehr in Richtung München wird wie bisher durch den Bahnhof Bad Cannstatt geführt. Die Ferngleise vom Hbf werden im Bahnhof Bad Cannstatt kreuzungsfrei in Richtung Plochingen und Waiblingen ausgefädelt. Im Bahnhof selbst sind sie richtungsgleich angeordnet. Das Gleiche gilt auch für die S-Bahn-Gleise. Die S-Bahn-Gleise aus Waiblingen liegen in Außenlage zu den mittig angeordneten Ferngleisen. Die S-Bahn-Gleise aus Plochingen liegen nördlich der Fernbahngleise. Auf der Remstalbahn bis Fellbach herrscht Richtungs­betrieb, während die Neckar­tal­bahn bis Plochingen im Linienbetrieb betrieben wird. Ein Umbau in Richtungs­betrieb wäre ab dem Überwerfungsbauwerk Untertürkheim möglich, wo die S-Bahn südlich der Fernbahn verschwenkt wird, ist aber nicht zwingend. Im Bahnhof Bad Cannstatt werden die S-Bahngleise aus Plochingen und die S-Bahngleise aus Waiblingen kreuzungsfrei und richtungsgleich an die Gleise 1 und 2 bzw. in Gegenrichtung an die Gleise 3 und 4 des Bahnhofs Bad Cannstatt angebunden. Erst ab dem Bahnhof Bad Cannstatt werden im Alternativkonzept der S-Bahn-Verkehr und der Regional­verkehr getrennt und im Richtungs­betrieb zum Stuttgarter Hautbahnhof geführt. Gleis 2 und 3 dienen wie bisher dem S-Bahn-Verkehr, die Gleise 1 und 4 nehmen den Regional­verkehr auf. Das zwischen dem Gleis 4 und 5 liegende Stumpfgleis kann als Zuführung zum geplanten Abstellbahnhof in Untertürkheim ausgebaut werden.

Unverändert bleibt beim Alternativkonzept auch die Einführung der Gäubahn. Die Gäubahn wird heute über ein Überwerfungsbauwerk kreuzungsfrei zwischen den heutigen S-Bahngleisen und den Fernbahngleisen aus Richtung Nordbahnhof in den Hauptbahnhof geführt. Die Anbindung ist heute auf einem kurzen Abschnitt ein­gleisig. An dieser Situation sollte nichts geändert werden, weil diese Anbindung bei 1,5 Zügen pro Richtung und Stunde vollkommen ausreicht.

Eingriffe in den bestehenden Abstellbahnhof sind nur in geringem Umfang not­wen­dig. Der Abstellbahnhof bleibt im Wesentlichen erhalten. Die Entscheidung, ob der Abstellbahnhof an der bestehenden Stelle optimiert oder nach Untertürkheim verlegt wird, kann unabhängig von dem Umbau des Kopfbahnhofs getroffen werden. Die vorhandenen Zufahrten zum Abstellbahnhof bleiben im Wesentlichen erhalten.

Die Anbindung des Flughafens erfolgt über die NBS nach Ulm und den Abzweig bei Scharnhausen in den bestehenden Flughafenbahnhof. Vom Hbf wird der Flughafen ohne Zwischenhalt in 12 Minuten erreicht (bei 22 km und einer Höchst­geschwindig­keit von 140 km/h). Die Reisezeit ist damit kürzer und die Anbindung ist kunden­freundlicher als bei Stuttgart 21, wo zusätzlich zur Fahrzeit von 8 Minuten noch ein Fußweg von 6 Minuten von dem an der Autobahn geplanten Fernbahnhof bis zum Flughafenterminal zurückgelegt werden muss. Auch die Anbindung über die Rohrer Kurve und die Wendlinger Schleife ist im Regionalverkehr sinnvoll. Kurzfristig sollten neben der S-Bahn weitere umsteigfreie Regional­bahn­linien wie z.B. von Heilbronn über Stuttgart Hbf bis Tübingen (über Rohrer Kurve und Ammertalbahn) realisiert werden. Hierbei sollte auch die Mitnutzung des S-Bahn-Tunnels geprüft werden. Die Fahrzeit von Tübingen zum Flughafen könnte mit ca. 45 Minuten gegenüber heute halbiert werden.

5. Umbaumaßnahmen im Bahnknoten Stuttgart

Der Kopfbahnhof mit seinen 8 Bahnsteigen und 16 Bahnsteiggleisen bleibt erhalten. Die Bahnsteige 1 bis 4 (Gleis 1-8) dienen vorwiegend dem Regionalverkehr und die Bahnsteige 5 bis 8 (Gleis 9-16) dem ICE und dem schnellen Interregio-Verkehr. Die Bahnsteige 6 und 7 werden wie die beiden Bahnsteige 5 und 8 auf 425 m ver­län­gert. Diese vier Bahnsteige werden durch Nutzung der nicht mehr benötigten Postbahn­steige auf ca. 10 m verbreitet. Zur Erleichterung des Umsteigens wird im Abstand von ca. 260 m vom Querbahnsteig eine neue, 9 m breite Unterführung in Richtung Bankenviertel gebaut, an die alle Bahnsteige über Treppen, Rolltreppen und Aufzüge angebunden werden. Die Bahnsteigüberdachung aus den 50er Jahren wird abgebrochen und durch eine moderne Überdachung ersetzt, die über die gesamte Bahnsteiglänge reicht.

Das Gleisvorfeld (vom Bahnsteigende bis zur Überführung Wolframstr.) mit den Weichenverbindungen wird komplett ausgebaut. Dabei werden auch die umfang­reichen Abstellanlagen, die für den früher notwendigen Lokwechsel benötigt wurden, zurückgebaut. Anschließend werden die 16 Gleise des Kopfbahnhofs in vier Gruppen zu je vier Gleise gegliedert und die Fahrstraßen mit den notwendigen Weichenverbindungen neu aufgebaut. Der Umbau sollte abschnittsweise von der Ostseite bis zur Westseite erfolgen.

Jede Gleisgruppe wird vorrangig jeweils einem Streckengleis zugeordnet. Der Fern­verkehr von Mannheim nach München wird kreuzungsfrei in die Gleisgruppe D (Gleise 13-16) geleitet. In der Gegenrichtung von München nach Mannheim wird die Gleis­gruppe C (Bahnsteiggleise 9-12) angefahren. Die Anordnung der Gleis­gruppe C und D erlaubt auch eine Bahnsteigwende für die Gleise 10-15.

Die Gleisgruppe A (Bahnsteiggleise 1-4) dient dem Zulauf der Regionalgleise von Bad Cannstatt (dort Gleis 1) und wird kreuzungsfrei in Richtung Nordbahnhof sowohl auf die weiterhin im Mischverkehr betriebene S-Bahn-Gleise nach Feuerbach als auch auf das Ferngleis nach Zuffenhausen ausgefädelt. In der Gegenrichtung wird der Regional­verkehr in die Gleisgruppe B (Bahnsteiggleise 5-8) geführt und von dort kreuzungsfrei in Richtung Bad Cannstatt (dort Gleis 4) weitergeleitet. Wegen der nur viergleisigen Strecke nach Zuffenhausen ist eine systemreine Trennung der Verkehrs­arten hier nicht möglich. Beim Kopfbahnhof 21 wird unterstellt, dass der überweigende Teil des Regionalverkehrs über das Ferngleis von Zuffenhausen kommt. Aus diesem Grund ist die Gleisgruppe B vorrangig an das Ferngleis von Zuffenhausen angebunden. Diese Konstruktion erlaubt sowohl eine längere Standzeit im Bahnhof (Überholen durch schnellere Züge) als auch eine Bahn­steig­wende (der in Stuttgart Hbf endende Zug fährt wenig später in die gleiche Richtung zurück). In diesem Fall muß das Gleis der Gäubahn einmal gekreuzt werden. Die Bahnsteigwende ist auch in der Gleisgruppe A möglich.

Die Überwerfungsbauwerke im Gleisvorfeld erlauben jeweils gleichzeitig parallele Ein- und Ausfahrten in jede Gleisgruppe. Damit besteht die max. Leistungsfähigkeit des Kopfbahnhofs (ohne die S-Bahn ohne Gäubahn) in 8 parallelen Ein- und Aus­fahrten. Der Rechts/Links-Wechsel erfolgt durch die bestehenden Über­werfungs­bau­werke in Richtung Nordbahnhof. Die Anordnung dieser Bauwerke erlaubt eine Ausfahrt aus der Gleisgruppe A kreuzungsfrei in die Fernbahn­gleise Richtung Nordbahnhof. In Gegenrichtung besteht eine kreuzungsfreie Einfahrt der Fernbahngleise aus Richtung Nordbahnhof in die Gleisgruppe B (Regionalgleise). Dadurch ist eine höchstmögliche Flexibilität im Betrieb garantiert. Jede Gleisgruppe erhält eine Anbindung an den bestehenden Abstellbahnhof.

In die bestehenden Überwerfungsbauwerke (das sog. Tunnelgebirge zwischen Wolframstr. und Ehmannstr. einerseits und dem Rosensteintunnel andererseits) wird nur sehr behutsam eingegriffen. Notwendig ist der Abbruch des eingleisigen Überwerfungsbauwerks für das Ferngleis von Zuffenhausen nach Gleis 14, das durch eine neue Beton/Stahlkonstruktion nach Gleis 13 und 16 ersetzt werden muss. Anstelle des abgebrochenen Überwerfungsbauwerks wird eine neue eingleisige Brücke zu Gleis 12 gebaut. Auf der Talseite in Richtung Bad Cannstatt wird die bestehende Einführung des Ferngleises von Bad Cannstatt parkseitig zweigleisig ausgeweitet. Das bestehende Unterführungsbauwerk für die S-Bahn wird nicht verändert. Die bestehende Rampe mit dem Ferngleis nach Zuffenhausen, den Gleisen von und nach Böblingen und den heutigen S-Bahn-Gleisen von Feuerbach bleibt erhalten. Lediglich die S-Bahn-Brücke muss ostwärts verschoben werden. Die Gleise zum Abstellbahnhof werden im Wesentlichen nicht verändert. Lediglich Gleis 504 wird zurückgebaut. Das Rangiergleis 501 einschließlich der Unterführung wird zukünftig als kreuzungsfreie Ausfahrt aus Gleisgruppe A zum Ferngleis nach Zuffenhausen mitbenutzt. Hierzu muss eine neue Rampe an der Nordseite beim Abstellbahnhof gebaut werden, die bis zur Höhe Ehmannstr. an das Ferngleis anbindet. Für diese Rampe müssen zwei Gleise des Abstellbahnhofs abgebaut werden. Die übrigen Gleisänderungen zur Herstellung kreuzungsfreier Ein- und Ausfahrten werden auf dem bestehenden Gleisfeld realisiert.

Gemäß der Strategie Netz 21 werden Fernverkehr, Regionalverkehr und die S-Bahn auf dem am stärksten belasteten Abschnitts Hbf - Bad Cannstatt entflechtet. Hierzu wird zwischen dem Bahnhof Bad Cannstatt und dem Hbf ein 5. und 6. Gleis gebaut. Die Gleise werden westlich der bestehenden Brücke über den Neckar geführt und dann in einem 1.100 langen neuen Rosenstein-Tunnel auf die Südseite der S-Bahn von Feuerbach geführt. (Die Lage des Tunnels entspricht in etwa dem S-Bahn-Tunnel bei Stuttgart 21). Anders als bei Stuttgart 21 wird der Tunnel im Richtungsbetrieb zum Hbf von Regionalbahn und S-Bahn genutzt. In der Gegenrichtung werden die bestehenden S-Bahn-Gleise durch den alten Rosenstein-Tunnel - allerdings dann im Richtungsbetrieb - genutzt. Die Anbindung der S-Bahngleise an den Hauptbahnhof oben bleibt erhalten. Zwischen Nordbahnhof und der Wolframstraße werden ebenfalls zwei neue Gleise für die S-Bahn auf den heute stillgelegten Güterzuggleisen gebaut. Die neue Lage der Gleise orientiert sich an dem heute vorhandenen sog. Gütergleis. Der Nordbahnhof wird umgebaut und der Bahnsteig auf die Südseite verschoben. Das Gleisvorfeld des Bahnhofs Bad Cann­statt wird für den Richtungsbetrieb umgebaut.

Ein Gleisplan vom Kopfbahnhof 21 ist hier verfügbar.

Das Projekt Kopfbahnhof 21 schließt die Sanierung des Oberbaus und der Ingenieur­bauwerke im gesamten Gleisvorfeld (ohne den Abstellbahnhof) und die Anpassung der Signaltechnik ein.

6. Weitere Optionen

Nach der Erweiterung des Abschnitts Hbf - Bad Cannstatt um das 5. und 6. Gleis und der dadurch möglichen Entmischung von S-Bahn, Regional- und Fernbahn stellt der Abschnitt Zuffenhausen - Nordbahnhof ein limitierende Faktor dar. Die Erweiterung um ein 5. Gleis nach Feuerbach ist bei Stuttgart 21 nicht enthalten und die Mach­barkeit ist nicht nachgewiesen. Die Erhöhung der Zulaufkapazität aus Richtung Zuffenhausen ist mit dem hier vorgelegten Konzept vereinbar. Der modernisierte Kopfbahnhof besitzt die notwendigen Reserven in der Gleisgruppe A und B, um diesen Verkehr aufzunehmen.

Die Forderung nach einer direkten Verbindung zwischen Nordbahnhof und Bad Cannstatt (das sog. Nordkreuz) würde im S-Bahn-Verkehr zusätzliche Linien­führungen erlauben. Diese Verbindung würde auch die Möglichkeit bieten, den Bahnhof Bad Cannstatt und die S-Bahn-Station Neckarstadion bei Groß­veran­stal­tungen (z.B. Fußballweltmeisterschaft) direkt anzufahren. Die T-Spange ist aber nicht Bestandteil dieses Konzept. Sie ist jedoch planerisch berücksichtigt und läßt sich bei Bedarf problemlos integrieren.

7. Bauphasen

In dem ersten Bauabschnitt werden zwei neue Gleise von Cannstatt für den Regionalverkehr und die S-Bahn erstellt. Ab dem Bahnhof Bad Cannstatt verläuft die S-Bahn nach Querung des Neckars in einem Tunnel unter dem Rosensteinpark. Anschließend werden die S-Bahn-Gleise vom Nordbahnhof zum Hauptbahnhof neu gebaut. Diese Trasse wird südlich bzw. westlich der bestehenden Gleise auf den ehem. Güterzuggleisen erstellt. Der Neubau erfolgt seitlich neben den bestehenden Gleisen und kann damit weitgehend ohne Störung des laufenden Betriebs durch­geführt werden. Ein Eingriff in den Straßenraum bzw. die bestehende Bebauung ist nicht notwendig. Das Kreuzungsbauwerk der Gäubahn muss nicht aufgeweitet werden. Die Verlegung der S-Bahn bringt die notwendige Entlastung der vorhandenen Gleise und erleichtert den weiteren Umbau, indem ganze Gleisabschnitte für den Verkehr gesperrt werden können. Damit kann ein kostspieliger Umbau "unter dem laufenden Rad" weitgehend vermieden werden.

In der zweiten Bauphase werden die Fernbahngleise und die Bahnsteiggleise 9 bis 16 neu geordnet und saniert. Die überzähligen Abstellgruppen im Gleisvorfeld werden zurückgebaut. Dann erfolgt der Bau eines Kreuzungsbauwerks aus Richtung Nordbahnhof bis zu Gleis 13 bzw. 16. Das vorhandene Kreuzungsbauwerk wird anschließend abgetragen. Der Umbau erfolgt von der Ostseite aus (von Gleise 16) abschnittsweise in Richtung Westseite, wobei jeweils zwei Gleise für den Verkehr total gesperrt werden.

In der dritten Bauphase werden die Gleise des Regionalverkehrs neu geordnet. Die überzähligen Abstellgruppen werden zurückgebaut. Die Weichenverbindungen im Gleisvorfeld werden erneuert. Die bestehende Bahnsteiglänge bleibt erhalten. Die Bahnsteige erhalten eine neue Überdachung.

8. Kosten

Die Umbaumaßnahmen wurden mit Standardkostensätzen für Bahnbauten im Einzelnen bewertet bzw. in einzelnen Fällen auch Pauschalbeträge angesetzt. In der Summe ergeben sich für den Kopfbahnhof 21 ein Betrag von 305 Mio. €. In diesen Betrag ist ein Risikozuschlag für Mehraufwand in Höhe von 15 Prozent (rund 40 Mio. €) eingerechnet.

Nr. Baumaßnahmen Kosten
1. Neuer Rosenstein-Tunnel Neubau des 5. und 6 Gleises von Bad Cannstatt zum Hbf 50,08 m€
2. Neubau der S-Bahngleise vom Nordbahnhof zum Hbf 12,26 m€
3. Neuordnung der Fahrstraßen im Fernverkehr (Gleisgruppe C und D) 22,37 m€
4. Neuordnung des Fahrstraßen im Regionalverkehr (Gleisgruppe A und B) 11,80 m€
5. Renovierung / Modernisierung Kopfbahnhof 74,73 m€
6. Umbau Gleisvorfeld bis Wolframstraße 49,30 m€
7. Sonstige Sanierungsarbeiten 10,00 m€
8. Anpassung Signalanlagen 35,00 m€
9. Risikozuschlag 15 Prozent 39,83 m€
Summe Kosten Kopfbahnhof 21 305,37 m€

Ein Kostenvergleich zwischen Stuttgart 21 und der Alternative Kopfbahnhof 21 zeigt, das Stuttgart 21 um den Faktor 3 teurer als die Alternativlösung mit Kopfbahnhof ist.

9. Zusammenfassung

Das vorliegende Konzept Kopfbahnhof 21 beweist, dass der Umbau der be­stehen­den Bahnanlagen in einen modernen, leistungsfähigen Kopfbahnhof möglich ist. Die prinzipielle Machbarkeit wurde bereits bei den Varianten "Lean" und "UMKEHR" von Seiten der Projektgesellschaft Stuttgart 21 bestätigt. Mit der konkreten Beschrei­bung der einzelnen Umbaumaßnahmen und der Abschätzung der Kosten ist der Nachweis erbracht, dass der Umbau auch wesentlich kostengünstiger und schneller zu realisieren ist als der Neubau eines unterirdischen Tunnelbahnhofs und der Untertunnelung aller Zulaufstrecken.

Der modernisierte Kopfbahnhof ist in der Lage, dass Verkehrsaufkommen des Jahres 2015 zu bewältigen. Gegenüber dem nur 8-gleisigen Tunnelbahnhof besitzt der Kop­fbahnhof darüber hinaus ausreichend Kapazitätsreserven, um für zukünftige Nach­frage­spitzen gerüstet zu sein. Mit dem Kopfbahnhof 21 ist Stuttgart vollwertig in das Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Bahn angebunden.