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Geheime Rücklagen für Stuttgart 21?

Presseinformation Nr. 7/01 vom 20. März 2001

Geheime Rücklagen für Stuttgart 21?

VCD fordert Minister Müller zur Stellungnahme auf

In einem öffentlichen Brief hat der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) Umwelt- und Verkehrsminister Ulrich Müller aufgefordert, zum Verbleib von fast einer halben Milliarde Mark an Regionalisierungsmitteln des Bundes Stellung zu nehmen.

Nach Berechnungen der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat das baden-württembergische Umwelt- und Verkehrsministerium in den Jahren 1997 bis 2000 insgesamt 466 Millionen Mark weniger an Regionalisierungsmitteln ausgegeben, wie vom Bund zur Förderung des Schienennahverkehrs zur Verfügung gestellt wurden. Bisher hat sich das Ministerium zum Verbleib der Gelder nicht geäußert.

Da es im Schienenverkehr in Baden-Württemberg an zahlreichen Ecken und Enden hakt, gibt es nach Ansicht des VCD keinen Anlass, Regionalisierungsmittel nicht auszugeben. Vielmehr erhärte sich der Verdacht, dass Rücklagen zu Gunsten von Stuttgart 21 gebildet wurden.

Der VCD hat sich unter anderem deswegen gegen Stuttgart 21 ausgesprochen, weil - entgegen der Versprechungen der Projektbefürworter - wegen der finanziellen Belastungen durch das städtebauliche Prestigeprojekt eine Vernachlässigung und Benachteiligung des Schienenverkehrs im ganzen Land zu befürchten ist. Diese Befürchtung scheint sich nun schon Jahre vor dem anvisierten Baubeginn zu bewahrheiten. So wurde zum Beispiel schon zur letzten Landtagswahl die Elektrifizierung der Südbahn von Ulm nach Lindau versprochen.

"Dies ist nur eines von vielen Beispielen, wie der Schienenverkehr in Baden-Württemberg verbessert werden könnte", sagte der VCD-Vorsitzende Felix Berschin. "Wenn Minister Müller statt dessen lieber Geld auf die hohe Kante legt, dann muss er dafür eine wirklich gute Begründung haben. Und diese Begründung will der VCD noch vor der Landtagswahl hören."

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An das
Ministerium für Umwelt und Verkehr
Herrn Minister Ulrich Müller
Hauptstätter Str. 67
70178 Stuttgart

Stuttgart, 20.03.01

Rückstellung von Regionalisierungsmitteln zu Gunsten von Stuttgart 21

Sehr geehrter Herr Minister Müller,

die Landesregierung hat verkündet, dass nach dem "Durchbruch" vom 14. Februar das Projekt Stuttgart 21 jetzt gebaut wird. Der VCD Landesverband

Baden-Württemberg ist nach wie vor gegen Stuttgart 21, weil wir der Überzeugung sind, dass die finanziellen Belastungen durch Stuttgart 21 zur Benachteiligung des Schienenverkehrs in anderen Regionen in Baden-Württemberg führen werden. Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat kürzlich festgestellt, dass Sie in den Jahren 1997 bis 2000 insgesamt 466 Millionen Mark weniger an Regionalisierungsmitteln ausgegeben haben, wie vom Bund zur Förderung des Schienennahverkehrs zur Verfügung gestellt wurden. Dies entspricht immerhin etwa 7,5 Prozent der zur Verfügung gestellten Mittel.

Da es im Land mehr als genug dringende und durchgeplante Maßnahmen gibt, die mit diesen 466 Millionen Mark hätten in Angriff genommen werden können, stellt sich uns die Frage, ob hier auf Kosten von Projekten im Land bereits Rücklagen für Stuttgart 21 gebildet worden sind und weiter gebildet werden.

Nachfolgend finden Sie ein Liste von Maßnahmen, die eine hohe Systemwirkung für das Schienennetz in Baden-Württemberg versprechen und mit den zurück gelegten 466 Millionen Mark begonnen werden können:

  • die bereits zur letzten Landtagswahl zugesagte Elektrifizierung der Strecke Ulm - Lindau (ca. 200 Millionen Mark)
  • der Neitech-Ausbau auf der Strecke Stuttgart - Heilbronn - Würzburg (ca. 50 Millionen Mark)
  • Neubaustrecken wie Herrenberg - Nagold oder Böblingen - Grafenau (- Calw) mit einem Potential von jeweils mindestens 10.000 Fahrgästen pro Tag (jeweils ca. 150 Millionen Mark)
  • der Stadtbahn gerecht Umbau der Heilbronner Spinne (Osterburken, Neckarelz, Bietigheim, ca. 50 Millionen Mark)
  • streckenweiser zweigleisiger Ausbau der Gäubahn für schnellern Fernverkehr und einen Ringzug (ca. 50 Millionen Mark)
  • Vorziehen des dritten und vierten Gleises beim Ausbau der Rheintalstrecke im Bereich Emmendingen - Freiburg - Bad Krozingen, da dort massive Kapazitätsengpässe im Güter- und Regionalverkehr zu Behinderungen führen (ca. 50 Millionen Mark an Zinskosten für Vorfinanzierung)
  • Elektrifizierung der Strecke Heilbronn - Öhringen - Schwäbisch Hall im Bereich zwischen Öhringen und Schwäbisch Hall, da diese Strecke als Ost-West-Achse (Güterverkehr Mannheim - Heilbronn - Nürnberg) von zentraler Bedeutung ist

Wir bitten Sie öffentlich um Klarstellung, warum die oben genannten 466 Millionen Mark nicht ausgegeben wurden, und um die Zusicherung, dass zu Gunsten von Stuttgart 21 kein Schienenverkehrsprojekt in Baden-Württemberg verschoben oder nicht realisiert wird. Für eine Stellungnahme noch vor der Landtagswahl wären wir Ihnen sehr dankbar.

Mit freundlichem Gruß

gez.
Felix Berschin
- 1. Vorsitzender -
VCD Landesverband Baden-Württemberg e.V.