Stuttgart 21 schadet dem Regionalverkehr
Presseinformation Nr. 17/01 vom 10. Juli 2001
VCD: Stuttgart 21 schadet dem Regionalverkehr
Baden-Württemberg gefährdet Vorreiterrolle in Schienenpersonennahverkehr
Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat mit scharfer Kritik auf die aktuell veröffentlichten Details der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 21 reagiert. Die Subventionierung des Stuttgarter Tunnelbahnhofs gefährde den Erhalt und die Verbesserung des Schienennahverkehrs im ganzen Land und sei zudem mit dem Wettbewerbsrecht unvereinbar.
So sieht die Finanzierungsvereinbarung vor, die Deutsche Bahn AG durch zusätzliche Bestellungen von Nahverkehrsleistungen für die Regionen Franken und Hochrhein gutmütig zu stimmen. Denn eines steht für den VCD inzwischen außer Zweifel: Die Deutsche Bahn AG braucht Stuttgart 21 nicht, aber zur Realisierung von Stuttgart 21 braucht es die Deutsche Bahn AG. Diese Abhängigkeit führt zu immer dreisteren Forderungen der Deutschen Bahn AG gegenüber dem Land Baden-Württemberg und zu immer hilfloseren finanziellen Zugeständnissen der Stuttgart 21-Projektbetreiber.
So stellt der VCD fest, dass die Deutsche Bahn AG Zusatzbestellungen von Nahverkehrsleistungen bisher immer mit der Begründung gefordert hat, dass sich örtliche Investitionen in die Schieneninfrastruktur nur ab einer gewissen Zugzahl rechneten. So lange diese Investitionen von der DB dann auch getätigt werden, erwarten die Bahn-Experten des VCD auch eine Angebotsverbesserung zu Gunsten einer großen Zahl von Fahrgästen im Schienenregional- und -nahverkehr. Wenn nun aber die Mehrerträge der DB in den Regionen Franken und Hochrhein für Stuttgart 21 vergraben würden, müssten die Investitionen in den Regionen zwangsläufig ausbleiben, und die Strecken wären dem weiteren Verfall preisgegeben. Bei den Finanzierungsrisiken von Stuttgart 21, in Höhe von mindestens 1,3 Milliarden Mark, die nicht von der Bahn AG, sondern vom Land und der Stadt Stuttgart getragen werden, erwartet der VCD eine nachhaltige Verschlechterung im Schienenregional- und -nahverkehr in ganz Baden-Württemberg.
Zudem bemängelt der VCD, dass die in der Finanzierungsvereinbarung enthaltene Fahrzeugförderung - im Gespräch sind 250 Millionen Mark - den Wettbewerb im Schienenverkehr auf Jahrzehnte hinaus lahm legt. Hierzu erklärte der VCD-Vorsitzende Felix Berschin: "Bei dieser einseitigen Subventionierung der Deutschen Bahn AG ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Dies ist ein gefundenes Fressen nicht nur für das Bundeskartellamt und die Wettbewerbshüter der EU, sondern auch für den Landesrechnungshof und den Bund der Steuerzahler. Das an dieser Stelle von einer Verbesserung der 'Wirtschaftlichkeit' von Stuttgart 21 gesprochen wird, ist nicht nur eine Unverschämtheit, sondern auch blanker Unsinn."
Nachdem schon mit dem Verzicht auf eine Ausschreibung der InterRegio-Linien zahlreiche private Bahnunternehmen brüskiert wurden, fällt Baden-Württemberg mit der geplanten Fahrzeugförderung nach Ansicht des VCD in übelste Zeiten der Staatswirtschaft zurück. Felix Berschin: "Bei dieser gnadenlosen Erpressbarkeit des Landes durch die Deutsche Bahn AG, nur damit am Flughafen Stuttgart dreimal am Tag ICE-Züge halten, können sich die Fahrgäste weitere Verbesserungen im Schienennahverkehr abschminken. So wird Baden-Württemberg, was den Angebotsausbau und Wettbewerb im Schienenverkehr angeht, vom Vorreiter zum Schlusslicht."