Diskussionsforum Rückmeldung Sitemap Newsfeed des VCD-Landesverbandes Baden-Wuerttemberg.

Sie sind hier: VCD Landesverband Baden-Württemberg e.V.Presse2004Streckenstilllegungen durch Zugstreichungen

Durch Zugstreichungen drohen Streckenstilllegungen

Presseinformation Nr. 09/04 vom 27. Juli 2004

VCD und Pro Bahn: Durch Zugstreichungen drohen Streckenstilllegungen

Fahrgäste fordern Erhalt des Allgäu-Schwaben-Taktes und mehr Wettbewerb auf der Schiene

Die zum Dezember 2004 angekündigten Zugstreichungen beim Taktfahrplan des Landes Baden-Württemberg (3-Löwen-Takt) werden vom Umwelt- und Verbraucherverband Verkehrsclub Deutschland (VCD) und vom Fahrgastverband PRO BAHN scharf kritisiert.

"Die Ersparnis für das Land in Höhe von 10 Mio. Euro wird bei den Fahrgästen teuer eingekauft" kritisiert der neue VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb die Streichpläne. "Bei genauer Betrachtung stellt das Programm ein Gewinnoptimierungsprogramm für die Deutsche Bahn AG dar, für die das Land Baden-Württemberg die Prügel einstecken soll." Zudem würden durch den Wegfall der Trasseneinnahmen für die entfallenden Züge der dauerhafte Fortbestand einiger Zweigstrecken langfristig gefährdet, da dann die Streckenunterhaltungskosten nicht mehr erwirtschaftet werden könnten. Wenn das Land zukünftig höhere Trassenpreise für die verbleibenden Züge zu bezahlen habe, sei nichts gespart.

Gestrichen werden nach PRO BAHN- und VCD-Recherchen nicht hauptsächlich Züge mit geringen Fahrgastzahlen, sondern vor allem Züge, bei denen der DB Regio besonders hohe Kosten entstehen. Damit werde der Ansatz von Einheitspreisen, den das Land bei der DB für die Züge des Nahverkehrs zahlt, ad absurdum geführt. Es besteht aus Sicht des VCD dann auch keine Rechtfertigung mehr, auf Strecken mit niedrigeren Betriebskosten und hohen Einnamen die hohen Einheitspreise für Zugkilometer zu bezahlen.

Zur Kosteneinsparung beim Land fordert der Fahrgastverband PRO BAHN die baldige Ausschreibung von lukrativen RE- und IRE-Verbindungen im Land. Mit dem dort gesparten Geld könne der Zugverkehr im gesamten Land im gewohnten Umfang aufrecht erhalten bleiben. "Auch die bisherigen Ausschreibungsergebnisse in Baden-Württemberg zeigen, dass durch geeigneten Wettbewerb auch bei besserer Angebotsqualität die Kosten zu reduzieren sind", betont PRO BAHN-Landesvorsitzender Josef Schneider.

VCD und PRO BAHN zeigen sich auch über den landesweiten Ferienfahrplan, der ab Dezember 2005 über Weihnachten und in den Sommerferien gelten soll, verwundert. Hier sollen Züge entfallen, die auch in den Ferien mit mehreren hundert Fahrgästen besetzt sind, z.B. der RE 19105, der um 6:46 Uhr von Pforzheim nach Stuttgart fährt. Auch hier könnten interne Kalkulationen der DB eine wichtigere Rolle spielen als die Fahrgastzahlen. Auf der Schnellfahrstrecke zwischen Vaihingen/Enz und Stuttgart benötigt dieser Zug zusätzliches Personal, auf das man in den Früh- und Abendstunden gerne verzichten möchte. Schon heute fahren diese Züge in den Ferien aus Personalmangel häufig auf der alten Strecke. Zukünftig werde die Fehlleistung von DB Regio noch vom Land belohnt, kritisieren die Umwelt- und Verbraucherschützer.

VCD und PRO BAHN bemängeln außerdem, dass jetzt vollendete Tatsachen geschaffen werden sollen, anstatt zunächst vor Ort und bei den Verkehrsunternehmen nach Möglichkeiten der Kostenoptimierung und Steigerung der Fahrgastzahlen zu suchen. Auch seien diese Pläne nicht mit den Regionen im Vorfeld auf den früher üblichen, jetzt aber entfallenen Fahrplankonferenzen besprochen worden.

Konkret fordern PRO BAHN und VCD:

  • die Rücknahme der Streichungen
  • Ausschreibung der RE- und IRE-Linien
  • bessere Kooperation benachbarter Regionen und Verkehrsverbünde bei der Vermarktung des ÖPNV-Angebotes
  • Anreizsysteme für die Bahnunternehmen, mehr Fahrgäste zu erzielen
  • Sicherstellung einer hohen Pünktlichkeit und Sicherung der Anschlüsse an den Knotenbahnhöfen

Hintergrundinformation

Seit der Bahnreform 1994 bestellt das Land Baden-Württemberg bei Eisenbahn-Verkehrsgesellschaften Zugleistungen. Der größte Erbringer von Zugleistungen in Baden-Württemberg ist die Deutsche Bahn AG mit ihren Tochtergesellschaften. Das Land bezahlt in der Regel einen Einheitspreis pro Zugkilometer, unabhängig von den tatsächlichen Kosten für die konkrete Zugfahrt. Auf Hauptstrecken mit hoher Nachfrage liegen die tatsächlichen Kosten (nach Abzug von Fahrgelderlösen) unter dem Einheitspreis, auf schwach genutzten Strecken teilweise deutlich höher. Durch die Streichung von in der Produktion teueren Zugleistungen, für die bislang der Einheitssatz erstattet wurde, verbessert sich die Gewinnsituation der Deutschen Bahn AG.

Züge sollen besonders an den Landesgrenzen zu Bayern (Allgäu-Schwaben-Takt) zwischen Aulendorf und Memmingen/Hergatz, zwischen Crailsheim und Bad Mergentheim und an der Landesgrenze zu Hessen zwischen Eberbach und Erbach (Odenwald) entfallen, d.h. besonders in Ausflugs- bzw. Feriengebieten.