VCD warnt vor Horroszenarien im Schienenverkehr
Presseinformation Nr. 4/2006, Stuttgart, 09. Februar 2006
Verkehrsclub: Zugstreichungen sind vermeidbar
Der Umwelt- und Verbraucherverband Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert die angekündigte Streichung von Nahverkehrsleistungen. Nach Aussagen der Landesregierung könne der Nahverkehr in Baden-Württemberg nach einer möglichen Kürzung der Regionalisierungsmittel des Bundes nicht mehr auf dem heutigen Niveau angeboten werden. Nach Ansicht des VCD ist aber noch überhaupt nicht klar, ob die Regionalisierungsmittel gekürzt würden und in welcher Höhe Baden-Württemberg von einer Kürzung betroffen wäre. Außerdem müsse eine Kürzung von Mitteln nicht automatisch zur Abbestellung von sogenannten Zugkilometern führen. Der VCD erwartet eine klare Aussage von Ministerpräsident Oettinger für den Erhalt des erfolgreichen Schienenpersonenverkehrs in Baden-Württemberg.
"Die diskutierten Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln können nur mit Zustimmung der Bundesländer umgesetzt werden", erläuterte VCD-Vorsitzender Matthias Lieb die Gesetzeslage. Insofern hänge es nicht zuletzt vom Abstimmungsverhalten des Landes Baden-Württemberg im Bundesrat ab, ob in Oberschwaben und im Rest des Landes weiterhin Züge im Nahverkehr fahren oder Bahnstrecken stillgelegt werden.
Der VCD befürchtet aber, dass die Ministerpräsidenten im Bundesrat weniger die Förderung des Schienenverkehrs im Auge haben, sondern vielmehr auf ein Koppelgeschäft eingehen könnten, das zwar die Haushaltskasse der Länder entlaste, dafür die zahlreichen Nutzer von Bus und Bahn sehr stark belaste.
Dabei ist aus Sicht des VCD zu beachten, dass die Kürzungspläne des Bundes daher rührten, dass nicht alle Bundesländer die Regionalisierungsmittel für die Bestellung von Zugleistungen ausgeben. So erhalte Baden-Württemberg zwar mehr als 700 Mio. Euro vom Bund, bestelle aber nur für 560 Mio. Euro Züge bei der Deutschen Bahn AG und ihren Mitbewerbern. Teilweise seien ÖPNV-Leistungen wie die Verbundförderung, die früher aus dem normalen Landeshaushalt finanziert worden seien, nun aus Regionalisierungsmitteln gezahlt worden. Gleichzeitig seien zu Lasten des ÖPNV die Straßenbaumittel erhöht worden.
Der VCD fordert die Landesregierung auf im Bundesrat auf eine Zweckbindung der Regionalisierungsmittel zur Finanzierung von Zugleistungen zu bestehen. Bei einer gleichzeitigen Übertragung von Anteilen aus der ab 2007 erhöhten Mehrwertsteuer, könne dann das gute Bahnangebot in Baden-Württemberg fortgeführt werden. Außerdem bekäme die Landesregierung so Spielräume um die bisher aus den Regionalisierungsmitteln finanzierten und nicht zugbezogenen ÖPNV-Leistungen zu realisieren.
VCD-Vorsitzender Matthias Lieb sagte weiter: "Auch die vorhandenen Regionalisierungsmittel können effizienter eingesetzt werden. Durch konsequente Ausschreibung von lukrativen Verkehrsleistungen kann Geld gespart und die Streichung von Zügen vermieden werden." So gehe das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten zur Bahnprivatisierung von einem Einsparpotenzial zwischen 15 und 20 Prozent bei den Bestellkosten aus. Leider hätten die Länder aber bislang auf konsequente Ausschreibungen verzichtet, häufig um Koppelgeschäfte mit der Deutschen Bahn AG zu erzielen.
VCD-Vorsitzender Matthias Lieb forderte: "Die Landesregierung soll aufhören durch das Entwerfen von Horrorszenarien die Kommunalpolitiker auf Streichpläne im Bahnverkehr einzustellen. Stattdessen sollte das Land einen Ausschreibungsfahrplan für die Bahnlinien im Land vorlegen sowie im Bundesrat auf klare Vereinbarungen drängen, die es ermöglichen, den Schienenverkehr weiter auszubauen."



