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Ausbau Gäubahn bleibt Wunschdenken

Presseinformation Nr. 27/2011, Stuttgart, 22. September 2011

VCD: Zweites Gleis für Gäubahn bleibt Wunschdenken

Schienennetz in Landesträgerschaft überführen

Land könnte Ausbau endlich selbst in die Hand nehmen

Anlässlich des heutigen SPD-Gespräches über die Zukunft der Gäubahn in Tuttlingen fordert der ökologische Verkehrsclub (VCD) e.V. mehr Ehrlichkeit von der Politik ein: „Für den Ausbau von Bahnstrecken ist grundsätzlich der Bund zuständig, nicht die Bahn. Die Bundespolitik legt fest, welche Strecke ausgebaut wird und nicht die Bahn“, er­läu­tert VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb die Regelungen zum Ausbau der Bundes­schienenwege.

Wie bei der Rheintalbahn ist die Bundesregierung auch für die Gäubahn vertragliche Verpflichtungen mit der Schweiz eingegangen, und habe damit verbindlich festgelegt, dass diese Strecke um ein zweites Gleis erweitert werden müsse. Seit dem gemein­samen Vertragsabschluss im Jahr 1996 ist aber nichts passiert“, kritisiert Lieb die Tatenlosigkeit der Verantwortlichen. So hätten seither weder die Verkehrs­minister aus den Reihen der CDU noch der SPD die Erweiterung der Gäubahn vorangebracht.

Es ist ein Trauerspiel, dass 66 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges die Folgen auf den Bahnverkehr immer noch zu spüren sind und zeigt, wie unwichtig der Bundes- und Landespolitik die Gäubahn trotz aller anders lautenden Sonntagsreden bislang war“, erklärt Matthias Lieb.

Auch die politischen Versuche der letzten Jahre, den zweigleisigen Ausbau der Gäu­bahn mit Stuttgart 21 zu verknüpfen, seien aus VCD-Sicht erkennbar ge­scheit­ert. Vielmehr verhindere das Milliardengrab Stuttgart 21 gerade den Ausbau anderer Schienenprojekte wie der Gäubahn, da dafür kein Geld mehr da sei. Davon betroffen seien auch die Rheintalbahn sowie die Südbahn, so der VCD weiter.

Der Ausbau der Gäubahn sei allerdings besonders ärgerlich, betont VCD-Landeschef Matthias Lieb: „Denn seit dem Abzug der ICE-Neigezüge dauert die Fahrt auf der Strecke Stuttgart – Zürich noch länger und es ist nicht absehbar, ob und wann ICE-Züge wieder auf die Strecke kommen.“ Mit dem Einsatz älterer und langsamerer Lo­ko­motiven ab Dezember verschlechtere sich das Angebot weiter, so der VCD.

Für den Ausbau des baden-württembergischen Eisenbahnnetzes abseits von Stuttgart 21 ist viel Geld notwendig –die Bundespolitik kümmert sich aber nur um Hoch­geschwin­digkeits­strecken, obwohl im Regionalverkehr zehnmal mehr Fahrgäste als im ICE unter­wegs sind“, erklärt Matthias Lieb und verweist auf die erfolgreiche Regionalisierung des Nah­verkehrs seit über 15 Jahren. Zudem erhalte Baden-Württem­berg seit Jahren im Vergleich zur Größe seines Schienenetzes unter­durch­schnittlich wenig Mittel vom Bund zugeteilt, ergänzt der VCD-Vorsitzende.

Das Erfolgsmodell ‚Regionalisierung’ sollte deshalb auch auf die Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur abseits der Hoch­geschwindig­keits­strecken übertragen werden, fordert der VCD: Die Politiker auf Landesebene sollten sich dafür ein­zu­setzen, dass das baden-württembergische Schienennetz in eine Landes­träger­schaft überführt werde mit entsprechender Mittelübertragung vom Bund. Bisher entscheide der Bund darüber, wie diese Mittel auf Landesebene eingesetzt werden dürften, erläutert Matthias Lieb. Im Falle einer Landes­träger­schaft könnte Baden-Württem­berg zukünftig selbst darüber entscheiden, in welche der landesweiten Schienen­projekte vorrangig Gelder fließen sollen. Somit könnte das Land dann endlich den Ausbau der Gäubahn sowie die Elektrifizierung der Südbahn selbst in die Hand nehmen.

Hintergrund:

Die Bahnstrecke Stuttgart – Tuttlingen wurde 1928-1934 zweigleisig ausgebaut. 1946 wurde das zweite Gleis als französische Reparationsleistung abgebaut und seither nicht wieder errichtet. Die Forderung nach dem zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke besteht seit 1945, ohne dass die bisherigen Landes- und Bundes­regierungen diese Forderung umgesetzt haben. Der Staatsvertrag zwischen Deutsch­land und der Schweiz (Vertrag von Lugano) vom 1996 sieht die Verkürzung der Reisezeit von heute etwa drei Stunden auf zwei Stunden und 15 Minuten vor – die Bauarbeiten zur Fahrzeitverkürzung in der Schweiz sind begonnen, in Deutsch­land sind nach heutigem Stand frühestens ab 2016 Bauarbeiten zu erwarten.

Der Entwurf des Bundeshaushaltes sieht für 2012 insgesamt 1,3 Milliarden Euro für den Aus- und Neubau von Eisenbahnen vor (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/066/1706600.pdf, Seite 1.592 ff.). Davon entfallen 78 Millionen Euro oder sechs Prozent auf Baden-Württemberg. Auf Baden-Württemberg entfallen jedoch 13 Prozent der Bevölkerung, zehn Prozent der Fläche und rund 10,4 Prozent des Schienennetzes des Bundes.


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