PDF Diskussionsforum Rückmeldung Sitemap Newsfeed des VCD-Landesverbandes Baden-Wuerttemberg.

Sie sind hier: VCD Landesverband Baden-Württemberg e.V.Presse2012Offener Brief

Offener Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Stuttgart, 16. Januar 2012

Offener Brief des VCD Landesverband Baden-Württemberg e.V. an Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,

am Abend der Volksabstimmung haben Sie und Ihr Finanzminister Nils Schmid erklärt, das Land werde den Volksentscheid akzeptieren und zugleich versichert, die Landesregierung werde nicht mehr als den vereinbarten Landesanteil von 930 Millionen Euro übernehmen. Wenn der Kostenrahmen überschritten würde, müsse die Bahn die Mehrkosten selbst tragen.

Diese Position der Landesregierung wird von der Bahn bisher nicht geteilt. Die Bahn verweist auf die Finanzierungsverträge und die darin enthaltene „Sprechklausel“, dass im Fall einer Kostenüberschreitung die Verteilung der Mehrkosten neu verhandelt werden müsse. Dabei ist es naheliegend, dass die Bahn eine Aufteilung nach dem bisherigen Kostenschlüssel anstreben oder mit dem Argument der fehlenden Wirtschaftlichkeit für die DB die Mehrkosten vollständig auf Stadt, Region und Land abwälzen wird.

Eine Überschreitung der Kosten bei S21 ist aber bereits heute absehbar. Die Finanzierungsvereinbarung beinhaltet nicht die Kosten, die sich aus den Forderungen aus der Schlichtung S21plus ergeben. Auf die Umsetzung der Ergebnisse der Schlichtung kann nicht verzichtet werden, weil sonst die Glaubwürdigkeit des Verfahrens in Frage gestellt würde. Ferner ist der Planfeststellungsabschnitt 1.3 Flughafen/Filderbahnhof noch nicht planfestgestellt. Es ist nicht auszuschließen, dass in diesem problematischen Abschnitt neue Planungen notwendig werden, die wiederum zu einem Anstieg der Kosten führen. Reserven für die Realisierung für notwendige Planänderungen sowie die Verwirklichung von Stuttgart 21plus sind nicht vorhanden. Aus unserer Sicht ist es zwingend notwendig, vor dem angekündigten Weiterbau zu einer verbindlichen Vereinbarung mit der Bahn zu kommen. Zu groß ist die Gefahr, dass mit dem Bau Fakten geschaffen werden, die nicht mehr reversibel sind und die Landesregierung damit erpressbar wird. Die Übernahme der Mehrkosten darf nicht erst dann thematisiert werden, wenn der Bau weit fortgeschritten ist. Wenn die Ausstiegs- kosten die Fertigstellungskosten übersteigen, wäre der Handlungsspielraum der grün- roten Landesregierung verloren.

Die Belastung der zukünftigen Landeshaushalte durch S21 muss vor dem Weiterbau – auch im Hinblick auf die Schuldenbremse – verbindlich geregelt sein. Das Land kann nicht für Mehrkosten verantwortlich gemacht werden, die im Zuge der Bauausführung oder aufgrund von Planungsmängeln und Sicherheitslücken entstehen. Hier steht die Bahn in der Pflicht, die vereinbarte Leistung zu erbringen.

Sollte die Bahn den versprochenen Leistungsumfang zu den vereinbarten Kosten nicht erstellen können, dann gilt die Kostenobergrenze und es muss über die Reduzierung des Projekts nachgedacht werden. Bauabschnitte, die keinen volkswirtschaftlichen Nutzen schaffen, müssen in Frage gestellt werden. Der VCD hatte schon im vergangenen Jahr den fehlenden volkswirtschaftlichen Nutzen für die Station Mittnachtstraße und die Verbindung nach Ober-/Untertürkheim nachgewiesen. Somit könnte auf die Mittnachtstraße ohne Weiteres verzichtet werden, weil der Nutzen dieses Teils erst dann eintritt, wenn das Rosensteinviertel komplett bebaut ist und die Frage der Folgekosten dieses zusätzlichen Halts auf die S-Bahn geklärt ist.

Niemand, weder die Bahn noch die Opposition werden bestreiten können, dass die Kosten bei S21 am Limit sind. Dieser Tatsache kann nicht durch eine Vogel-Strauss- Politik begegnet werden. Eine verbindliche Vereinbarung über die Übernahme der Mehrkosten ist notwendig, um die Glaubwürdigkeit der Landesregierung in der Finanzierungsfrage unter Beweis zu stellen und um die Handlungsfähigkeit der Verkehrspolitik abzusichern.

Hinsichtlich der Kostenobergrenze besteht Konsens mit dem Koalitionspartner. Wir bitten Sie, durch entsprechende Vereinbarungen mit der Bahn sowie Stadt und Region dieses Versprechen vertraglich verbindlich festzuhalten. Dies ist zwingend notwendig, damit die Grüne Politik glaubwürdig bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Matthias Lieb - Landesvorsitzender

gez. Klaus Arnoldi - Stv. Landesvorsitzender

Verteiler Finanzminister Nils Schmid Verkehrsminister Winfried Herrmann Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/ Die Grünen


Wollen Sie diese Pressemitteilung kommentieren? Im VCD-Blog haben Sie Gelegenheit dazu: