Rheintalbahn bleibt Stiefkind der Verkehrspolitik

Presseinformation Nr. 29/2012, Stuttgart, 05. Dezember 2012

Katzenbergtunnel eröffnet

Nach 25 Jahren Bauzeit erst knapp ein Drittel der Strecke fertig gestellt

Anlässlich der Einweihung des Katzenbergtunnels als Teil des viergleisigen Ausbaus der Rheintalbahn im Süden Baden-Württembergs weist der ökologische Verkehrsclub VCD darauf hin, dass nach wie vor nicht absehbar sei, wann die Rheintalbahn in voller Länge viergleisig fertig gebaut sei.

„Bahn und Bund haben der Schweiz zugesichert, bis zur Inbetriebnahme der neuen Eisenbahntunnel durch die Alpen die deutschen Zulaufstrecken Rheintalbahn und Gäubahn leistungsfähig auszubauen“, erinnert Matthias Lieb, VCD-Landesvorsitzender, an die vertraglichen Verpflichtungen aus dem Vertrag von Lugano aus dem Jahre 1996. 16 Jahre später müsse man leider feststellen, dass zwar die Schweiz ihren Zeitplan eingehalten habe und der Gotthardtunnel 2016 in Betrieb gehe, in Deutschland jedoch auch nach 25 Jahren Bauzeit erst 30 Prozent der Rheintalbahn viergleisig ausgebaut sei und für die Gäubahn bislang sogar nur Vorplanungen bestünden.

Der VCD fordert deshalb mehr Ehrlichkeit vom Bundesverkehrsminister und von der Deutschen Bahn (DB): „Wer –wie gestern Dr. Grube –erklärt, die Rheintalbahn werde ungefähr 2020 fertig gestellt sein, kann entweder nicht rechnen oder will bewusst die Bevölkerung an der Nase herum führen.“

Bis zum Jahr 2022 werde nach den Planungen des Bundes höchstens der Abschnitt vom Katzenbergtunnel bis Basel (25 Kilometer) sowie der Rastatter Tunnel realisiert sein, verweist der VCD auf die bislang abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarungen und dort geregelten Zeiträume.

Mit dem Abschnitt Offenburg bis Katzenbergtunnel würden aber immer noch rund 87 Kilometer oder 48 Prozent der Strecke fehlen, für die es bis heute keine Planfeststellung, geschweige denn eine Finanzierungsvereinbarung gebe, erläutert Matthias Lieb. Rechne man die Erfahrungen aus 25 Jahren Bauzeit seit 1987 hoch, würden sich insgesamt 83 Jahre Bauzeit und somit ein Fertigstellungstermin im Jahr 2070 ergeben, zeigt der VCD die Konsequenzen eines ‚Weiter so’ auf.

„Solange die DB und der Bund die Steuermittel für den Ausbau des Schienenverkehrs weiterhin in fragwürdige Prestigeprojekte wie Stuttgart 21 investieren, braucht man sich über den langsamen Baufortschritt im Rheintal nicht wundern“, erklärt Matthias Lieb und ergänzt: „Für den Ausbau der Rheintalbahn ist schlicht kein Geld da.“ So habe der Bund die jährliche Zahlung für die Rheintalbahn im Jahr 2012 auf 19 Millionen Euro reduziert und für Stuttgart 21 auf 58,6 Millionen Euro angehoben, kritisiert der VCD.

Dass man Strecken und Tunnels auch schneller bauen könne, habe die Schweiz bewiesen: „Während das Nachbarland den 34 Kilometer langen Lötschbergtunnel zwei Jahre nach dem Tunneldurchbruch in Betrieb nehmen konnte, dauerte dies beim nur 9,4 Kilometer kurzen Katzenbergtunnel fünf Jahre. Entsprechend lange mussten die Anwohner auf eine nächtliche Lärmminderung warten“, beklagt Matthias Lieb: „Dies ist auch für den Steuerzahler, der die Strecke finanziert, ein schlechtes Geschäft – halbfertige Baustellen kosten nur Zinsen und bringen keinen Nutzen.“

Der VCD fordert deshalb eine Neuausrichtung der Investitionspolitik des Bundes in seine Schienenwege: Vorrangig müssen Engpass-Strecken ausgebaut und Projekte mit hohem Kosten-Nutzen-Faktor unter Berücksichtigung des Deutschland-Taktes für den Personen- und Güterverkehr gefördert werden.

Alleine für den Korridor Mannheim – Basel hätte der Bund einen Netto-Nutzen von fünf Milliarden Euro ermittelt, während der Nutzen für Stuttgart – Ulm (mit Stuttgart 21) nur 500 Millionen Euro betrage, so der VCD.

Übersicht über den Baufortschritt der Rheintalbahn (VCD-Recherche):

Abschnitte der Rheintalbahn	Länge	Kosten	Fertigstellungstermin
Rastatt Süd-Offenburg	44 km	1.300 Mio. €	2004
Katzenbergtunnel	10 km	610 Mio. €	2012
Basel bis Katzenbergtunnel	25 km	372 Mio. €	2018
Rastatter Tunnel mit Zulaufstrecken	16 km	693 Mio. €	2022
Offenburg-Katzenbergtunnel	87 km	ca. 2.700 Mio. €	Unbekannt*

(*)bis 2012 nach 25 Jahren Bauzeit somit 54 von 182 Kilometern oder 30 Prozent fertig gestellt

Quellen:

Bedarfsplan-Überprüfung für die Bundesschienenwege – Abschlussbericht November 2010, korrigierte Version vom 29.11.2010:

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