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Stuttgart Hauptbahnhof Sicherheitsrisiko für Fahrgäste

Presseinformation Nr. 21/2012, Stuttgart, 01. Oktober 2012

Seit Stuttgart 21- Bauarbeiten häufen sich Entgleisungen und Pannen

­ VCD ist ernsthaft besorgt: Stuttgarter Hauptbahnhof offenbar ein Sicher­heits­risiko für Bahnreisende –DB-Projektleitung überfordert und hat Baustelle nicht im Griff

Angesichts der mittlerweile fünften Entgleisung eines Zuges in Stuttgart Haupt­bahnhof seit Beginn der Bauarbeiten zu Stuttgart 21 fragen sich viele Fahrgäste und auch der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD), ob der Stuttgarter Haupt­bahn­hof inzwischen ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko darstellt.

Bemerkenswert sei für den VCD, dass alle Unfälle auf neu gebauten Gleisen und Weichen erfolgten, denn durch die Bauarbeiten zu Stuttgart 21 wurde das Weichen­vorfeld des Stuttgarter Hauptbahnes vollständig neu aufgebaut.

Der VCD fordert von der Deutschen Bahn (DB), der verantwortlichen Aufsichts­behörde Eisenbahnbundesamt sowie der Eisenbahnuntersuchungsstelle EUB lückenlose Aufklärung und Veröffentlichung über die jüngsten, schwerwiegenden Vorkommnisse und die Wiederherstellung eines sicheren Eisenbahn­verkehrs rund um Stuttgart.

VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb zeigt sich bestürzt: „Die Pannenserie der vergangenen Monate legt die Vermutung nahe, dass die DB offenbar kein verant­wort­licher Bauherr ist und wegen des Immobilienprojektes Stuttgart 21 anscheinend sogar bereit ist, die Sicherheit ihrer Kunden ernsthaft aufs Spiel zu setzen." Die DB-Projekt­leitung sei offensichtlich völlig überfordert und habe die Baustelle nicht im Griff, erklärt der VCD.

Belege dafür sieht der VCD in den zahlreichen Pannen der letzten Monate:

  1. Der Abriss von Nord- und Südflügel des Hauptgebäudes führte dazu, dass die Überdachung der Bahnsteige nun bei Sturmböen einzustürzen droht. Bei starkem Wind gingen bereits Glasscheiben in der Überdachung zu Bruch und fielen auf die Bahnsteige. Die Dachstützen beim Südflügel mussten verstärkt werden, anschließend wurden alle Glasscheiben entfernt – Fahrgäste sind nun der Witterung schutzlos ausgeliefert.
  2. Auch zwischen Gleis 8 und 9 mussten die Bahnhofsdach-Stützen verstärkt werden – deshalb ist das Gleis 8 innerhalb der Bahnhofshalle mit Betonstützen zugestellt und nicht mehr nutzbar.
  3. Die Entfernung eines Signals bei der S-Bahn führte zu einem Kollaps des S-Bahn-Fahrplans. Daraufhin wurden die Bauarbeiten beim Umbau der S-Bahn-Rampe eingestellt. Entgegen den Planungen stehen weiterhin zwei Gleise für die Einfahrt zum S-Bahnsteig zur Verfügung, die vollständige Verschwenkung auf die südliche Tunnelrampe erfolgte nicht. Geplant war, die nördliche Tunnelrampe stillzulegen, um von dort aus den Tunnel für die neue S-Bahn-Strecke Richtung Mittnachtstraße zu bauen. Wie dies nun erfolgen soll, ist wie vieles bei Stuttgart 21 bis heute unklar.
  4. Der Umbau des Gleisvorfeldes führte nunmehr schon zweimal hintereinander zu Entgleisungen an genau der selben Stelle, die nach dem Umbau im Rahmen von Stuttgart 21 durch extrem enge Gleisradien gekennzeichnet ist – mit tagelangen massiven Einschränkungen im gesamten Fern- und Regionalverkehr. Auch ohne Entgleisung berichten Fahrgäste bei Zugfahrten über diese Gleise von starken Stößen. Beim jüngsten Unfall wurden zudem mehrere Fahrgäste verletzt.

­Angesichts dieser massiven Pannenserie hält der VCD die Zuverlässigkeit und Sicherheit des Bahnverkehrs in Stuttgart Hauptbahnhof derzeit nicht mehr für gewährleistet.

Matthias Lieb fordert: „Die Verantwortlichen von Deutscher Bahn und Eisenbahn­bundes­amt müssen diese Vorfälle umgehend lückenlos aufklären und den sicheren Bahnbetrieb im Interesse der Fahrgäste wieder herstellen.

Aus Sicht des VCD muss der Bauherr DB erklären, welche Risikobewertungen sich seit Baubeginn für Stuttgart 21 geändert haben und welche Auswirkungen dies für die Fahrgäste und den Fahrplan hat. Da sich die bisherigen Planungen als fehlerhaft erwiesen haben, sind für die weiteren Baumaßnahmen bei nahezu allen Plan­fest­stellungs­verfahren weitgehende Planänderungen vorgesehen, etwa beim Grundwassermanagement oder den Pfahlgründungen für die neuen Gebäude.

"Was die DB inzwischen bauen will, hat mit den ursprünglichen Plänen, über die die Bürger abgestimmt haben, nicht mehr viel zu tun", stellt Lieb fest. "Und wie man immer wieder sieht, beherrscht das Unternehmen das Baugeschehen keineswegs."

Dies alles bestärke keineswegs das Vertrauen in die Deutsche Bahn als Bauherrin dieses Milliardenprojektes – vielmehr bestätige es die Kritiker in ihrer Vermutung, dass die DB das angeblich "bestgeplante Projekt" tatsächlich nie realisieren wollte und nun ein Pfusch auf den anderen folge, nur um im Rahmen der viel zu niedrig kalkulierten Kosten zu bleiben.

Für die weiteren Bauarbeiten in Stuttgart, namentlich die Rückverlegung der Bahn­steige und der Sperrung der direkten Zugänge zur S-Bahn, fordert der VCD eine Offenlegung der geplanten Maßnahmen und eine kritische Überprüfung durch das Eisenbahnbundesamt.

"DB und EBA müssen in Stuttgart endlich gegenüber der Öffentlichkeit nachweisen, durch welche Instanz die Umbaupläne geprüft wurden und wer die Abnahme der Än­derun­gen vornahm", fordert Matthias Lieb. Möglicherweise liegen die Probleme auch in geänderten Zuständigkeiten aufgrund von Aufsichtsrechtsänderungen, die dazu führten könnten, dass klare Verantwortlichkeiten für die Abnahmeprozesse fehlten, vermutet der VCD. Ohne klare Verantwortlichkeiten und der Verpflichtung zu Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit drohten weitere Pannen und womöglich noch schlimmere Unfälle, befürchtet der VCD.

Entgleisungen der letzten Monate:

  • S-Bahn am 14.09.2010
  • Bauzuglokomotive am 15.02.2011
  • CityNightLine am 21.07.2011
  • IC am 24.07.2012
  • IC am 29.09.2012

Weitere Informationen zu Stuttgart 21


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