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Fahrplankürzungen sind ökonomischer und ökologischer Unfug

Presseinformation Nr. 2/2007, Stuttgart, 16. Januar 2007

VCD fordert Rücknahme der Kürzungspläne

Fahrplankürzungen sind ökonomischer und ökologischer Unfug

Mit massiver Kritik hat der Umwelt- und Verbraucherverband Verkehrsclub Deutschland (VCD) auf das jetzt bekannt gewordene Ausmaß der Fahrplankürzungen ab Juni 2007 reagiert. In Baden-Württemberg sollen mehr als zwei Millionen Zugkilometer aus den Fahrplänen gestrichen werden. Damit stehe Baden-Württemberg mit großem Abstand an der Spitze aller Bundesländer. Nach Ansicht des VCD setzt die Landesregierung durch die Abbestellungen der Zugkilometer nicht nur verkehrs- und wirtschaftspolitisch katastrophale Signale. Sie habe sich bei den Verhandlungen auch von der Deutschen Bahn AG über den Tisch ziehen lassen.

Der VCD-Vorsitzende Matthias Lieb sagte: "Für die abbestellten Zugkilometer hat das Land bisher 18 Millionen Euro bezahlt, spart aber jetzt nur 13 Millionen Euro. Weil die Deutsche Bahn AG zugunsten ihres geplanten Börsengangs die Kosten optimiert, bleiben dem Land Baden-Württemberg also 5 Millionen Euro Verlust, und die Bahnfahrgäste sind die Gelackmeierten!" Der VCD fordert die sofortige Rücknahme der Kürzungspläne. Mit einem geringen Anteil der Steuermehreinnahmen könne der bisherige Fahrplan aufrecht erhalten werden.

Matthias Lieb sagte weiter: "Die Kürzung von mehr als zwei Millionen Zugkilometern trifft mitnichten nur schwach besetzte Verbindungen. Auch Berufs- und Wochenendverkehre mit sehr vielen Fahrgästen sind betroffen. Viele Pendler sind auf einen funktionierenden Schienennahverkehr angewiesen. Wenn man die Menschen wieder zwingt aufs Auto umzusteigen, dann erweist man der Luftreinhaltung im Land einen Bärendienst." Der VCD geht davon aus, dass gerade Züge mit Abfahrt vor 5:30 Uhr besonders von Kürzungen betroffen sein werden. Für Auszubildende ohne Führerschein oder Schichtarbeiter sei dies ein kaum lösbares Problem. Dabei sei die Ausgangslage für den Schienenverkehr im Land so gut wie nie zuvor. Angesichts der Kürzung der Pendlerpauschale zum Jahresbeginn und drohender Fahrverbote in einigen Städten, nutzten viele Berufspendler, die bisher mit dem Auto gefahren seien, die Bahn.

Der VCD bemängelt des Weiteren, dass die Fahrplankürzungen am Landtag vorbei durchgesetzt werden sollen. Welche Züge genau von Kürzungen und Streichungen betroffen sein werden, solle erst ab dem 26. Januar auf Fahrplankonferenzen vorgestellt werden. Ende Januar sei aber die Haushaltsdebatte im Landtag schon zu Ende. Die Parlamentarier könnten also erst nach Abschluss der Beratungen erfahren, welchen Schaden sie mit ihren Kürzungsbeschlüssen angerichtet hätten.

Beispiele aus anderen Bundesländern zeigten hingegen, dass die Kürzung der Regionalisierungsmittel nicht notwendigerweise zu umfangreichen Fahrplankürzungen führen müsse. Matthias Lieb erläuterte: "In Bayern ist es gelungen, durch Ausschreibungen mehr Verkehr für weniger Geld auf die Schiene zu bringen. In Baden-Württemberg meldet DB Regio seit Jahren neue Rekorde bei den Fahrgastzahlen und Einnahmen. Und trotzdem sollen im Ländle die mit Abstand stärksten Fahrplankürzungen aller Bundesländer durchgesetzt werden. Das passt nicht zusammen und zeigt nur, wie schlecht die Landesregierung mit der Deutschen Bahn AG verhandelt hat."

Der VCD fordert die Landespolitiker auf, die Fahrplankürzungen zurückzunehmen und die fehlenden Regionalisierungsmittel durch einen geringen Anteil der Steuermehreinnahmen auszugleichen. Außerdem müsse der langlaufende Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn AG umgehend gekündigt werden, so dass wieder Gestaltungsspielräume für die Verkehrspolitik entstünden. Das Beispiel Bayern zeige, dass mit Phantasie und Willen auch bei geringeren Finanzmitteln ein attraktiver Schienennahverkehr angeboten werden könne.

Hintergrund

Zugleistungen im Schienenpersonennahverkehr können in der Regel nicht durch Fahrgelderlöse kostendeckend betrieben werden. Zur Bestellung von Zugleistungen (z.B. bei DB Regio) stellt der Bund den Ländern deshalb Finanzmittel zur Verfügung. Diese Regionalisierungsmittel wurden gekürzt. Baden-Württemberg hat zukünftig pro Jahr 70 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Als Ausgleich für die Kürzungen wurde der auf die Länder entfallende Mehrwertsteueranteil erhöht. Damit erhält Baden-Württemberg jährlich rund 500 - 700 Millionen Euro zusätzliche Mittel aus der Mehrwertsteuer.

Baden-Württemberg hat mit der DB Regio einen bis 2016 laufenden Verkehrsvertrag abgeschlossen. Auf dieser Basis bezahlt das Land pro Zugkilometer 8,50 Euro. Die Fahrgeldeinnahmen stehen DB Regio zu. Für die jetzt abbestellten Leistungen erstattet DB Regio nur rund 5,80 Euro pro Zugkilometer. Mit anderen, meist kleineren Eisenbahngesellschaften, hat das Land Verträge abgeschlossen, bei denen der Zugkilometer im Durchschnitt unter 7,50 Euro liegt. DB Regio fährt lange Züge mit vielen Fahrgästen und entsprechend hohen Fahrgeldeinahmen und muss in Baden-Württemberg bis 2016 keinen Wettbewerber zu fürchten.

Der Freistaat Bayern hat in den vergangenen Jahren umfangreiche Ausschreibungen im Schienenpersonennahverkehr vorgenommen und damit die Bestellkosten des Landes kräftig gesenkt. So konnten trotz abgesenkter Bundesleistungen zusätzliche Züge, z.B. als Express zwischen München und Nürnberg, bestellt werden.

Weblinks zum Thema

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