Verkehrsplanung steht Kopf bei S 21
Presseinformation Nr. 26/2010, Stuttgart, 08. Juli 2010
Bahn und Land stellen bei Stuttgart 21 die Verkehrsplanung auf den Kopf
Anstatt Anpassungen bei der Infrastruktur vorzunehmen, werden Fahrpläne ausgedünnt
"Bei Stuttgart 21 (S21) stellen Land und Deutsche Bahn (DB) AG übliche Planungsprinzipien geradezu auf den Kopf“, kritisiert der Umwelt–und Verbraucherverband Verkehrsclub Deutschland (VCD) e.V. deren Reaktion auf die Ergebnisse des Gutachtens der Züricher Firma SMA zu Stuttgart 21 (S21). „Anstatt Änderungen an der vorgesehenen Eisenbahninfrastruktur, wie von der Firma SMA im Gutachten zu S 21 dringend angeraten, vorzunehmen, überarbeiten Land und DB die Fahrpläne aufgrund der begrenzten Kapazitäten des neuen Bahnhofs“, erklärt der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. „Das heißt im Klartext, sie dünnen die Fahrpläne so weit aus, um Fahrplankonflikte zu vermeiden und um S 21 funktionsfähig zu halten“, übersetzt Lieb die kryptische Ministeriumssprache in verständliches Deutsch.
„Aber so wie das Essen im Restaurant dem Kunden und nicht dem Koch schmecken muss, so müssen auch die Fahrpläne den Fahrgästen und nicht der Bahn ‚schmecken’, damit der Fern- und Nahverkehr auf der Schiene von den Fahrgästen akzeptiert wird“, erklärt Lieb. Dazu gehöre, dass zuerst für die Fahrgäste attraktive Fahrpläne zu konzipieren seien und erst dann ermittelt werde, welche Eisenbahninfrastruktur dafür notwendig sei, so der VCD weiter. Tatsächlich habe man bei S21 zuerst die Größe des Bahnhofs festgelegt und jetzt erst kümmert man sich um mögliche Fahrpläne, beklagt der VCD.
„Mit Stuttgart 21 werde der Eisenbahnknoten Knoten neu, modern und deutlich leistungsfähiger als der heutige Kopfbahnhof werden, hieß es vor 16 Jahren, als die ersten Vorschläge zu S21 vorgestellt wurden“, erklärt Lieb. „Die Kritikpunkte im SMA-Gutachten strafen diese Aussagen der Projektverantwortlichen Lügen.“
Statt jedoch die notwendigen Konsequenzen aus diesem Gutachten zu ziehen, werde aus Kostengründen nicht an den erkannten Engpässen bei Stuttgart 21 nachgearbeitet, sondern an der Fahrplanstellschraube gedreht zu Lasten der Fahrgäste, moniert der Verkehrsclub.
„Damit wird das Hauptargument der Befürworter von S21, der Tunnelbahnhof sei doppelt so leistungsfähig wie der Kopfbahnhof, widerlegt. Weder lässt S 21 mehr Zugfahrten zu als heute der Kopfbahnhof noch hat das Land das Geld, diese Züge zu bestellen. Wieso also soll Stuttgart 21 gebaut werden?“ fragt sich der VCD-Vorsitzende.
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