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Bahnhofsabriss ohne Legitimation

Presseinformation Nr. 33/2010, Stuttgart, 26. August 2010

Stuttgart 21 – VCD kritisiert fehlenden Nutzen

Während die Bagger den Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs einreißen, bescheinigt der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) e.V. dem Projekt Stuttgart 21 fehlenden Sinn und Nutzen. Nachdem schon Gutachter im Auftrag des Landes den verkehrlichen Nutzen in Frage gestellt haben, stehe auch die von der Landesregierung im Jahr 2009 in Auftrag gegebene volks­wirtschaftliche Nutzen­betrachtung auf tönernen Füßen. Durch die sprunghaft gestiegenen Baukosten und fehlende Einbeziehung der Transportkosten seien die Ergebnisse des Gutachtens nicht mehr aussagekräftig.

VCD-Berechnungen zeigen, dass auf Basis der aktuellen Baukosten bei reduziertem Nutzen ein volks­wirtschaftlicher Gewinn überhaupt nicht mehr nachgewiesen werden kann. VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb sagte: „Die Entscheidung für Stuttgart 21 ist gefallen, weil die politischen Entscheidungsträger davon ausgingen, das Projekt sei bahnbetrieblich sinnvoll und volks­wirtschaftlich von Nutzen. Beides ist nicht der Fall. Bei fehlendem Nutzen fallen deutlich höhere Kosten an als ursprünglich angenommen –damit fehlt auch die Legitimation für den Abriss der Bahnanlagen.

Der volks­wirtschaftliche Nutzen eines Projekts kann nach Einschätzung des VCD nur durch einen Vergleich mit anderen Projekten bewertet werden. „Im Gutachten der Landesregierung wird Stuttgart 21 singulär betrachtet“, erklärte Matthias Lieb. „Es wird also völlig ausgeblendet, ob es nicht alternative Projekte gibt, die einen höheren volks­wirt­schaftlichen Nutzen haben. Da knappe Steuergelder nur einmal ausgegeben werden können, muss aber bei jeder Investition darauf geachtet werden, dass der maximale Nutzen pro eingesetztem Euro erzielt wird.“ In Baden-Württemberg bestünden im Eisenbahnverkehr massive Engpässe im Rheintal zwischen Karlsruhe und Basel und nördlich von Mannheim Richtung Frankfurt, so der VCD. Dies habe schon die IHK Region Stuttgart im Jahr 2009 festgestellt und den Ausbau gefordert, so der VCD. Der Ausbau dieser Strecken werde aus Sicht des VCD aber durch Stuttgart 21 blockiert – während in Stuttgart ein funktionierender, nicht ausgelasteter Kopf­bahnhof ohne Not mit Milliardenaufwand ‚begraben’ werden solle. „Diese Fehl­verwendung von Steuermitteln schädigt den Wirtschaftstandort Baden-Württemberg und verhindert gerade Wohlfahrtsgewinne durch Engpassbehebung an neuralgischen Stellen“, kritisiert VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb: „Anstatt Engpässe in Baden-Württemberg zu beheben, wird mit Stuttgart 21 ein neuer Engpass ins Herz Europas gepflanzt“.

Durch die inzwischen bekannt gewordenen Baukostensteigerungen um 40 Prozent auf mindestens 7 Milliarden Euro für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm seien vom Steuerzahler höhere Beträge aufzubringen, was sich massiv auf die Wirtschaftlichkeit von Stuttgart 21 auswirke. Der VCD bescheinigt der volks­wirt­schaftlichen Betrachtung der Landesregierung aber auch methodische Mängel. So werde von geringeren Transportkosten durch Stuttgart 21 ausgegangen. Aus Sicht des VCD ist das Gegenteil richtig. So sei nach Fertigstellung von Stuttgart 21 mit deutlich höheren Trassen- und Stationspreisen zu rechnen, so dass die Fahrgäste die Fahrzeitverkürzung teuer bezahlen müssten. „Die durch Stuttgart 21 steigenden Transportkosten verringern den Nutzen durch sogenannte Erreich­bar­keits­vorteile und kürzere Fahrzeiten erheblich“, sagte Matthias Lieb. Die unterlassene Beseitigung der Engpässe im Rheintal beim Alternativszenario führt zu negativem Nutzen, der Stutt­gart 21 anzulasten ist (Opportunitätsbetrachtung). „Bei um 50 Prozent re­duzier­tem Nutzen aus Fahrzeit­verkürzungen und negativem Nutzen aus unter­lassenen Alter­nativen rechnet sich Stuttgart 21 überhaupt nicht mehr und ist volks­wirtschaftlich von großem Schaden“, fasste Matthias Lieb zusammen.

Der VCD sieht sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass Stuttgart 21 sowohl bahnbetrieblich als auch volks­wirtschaftlich schädlich ist. Der VCD fordert ein Moratorium mit unabhängiger Neubewertung der Pläne für den Bahnknoten Stuttgart.


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